Elias David
Moncado

Vom Wunderkind zum Künstler: der 18-jährige Freiburger Geiger Elias Moncado

Vom Wunderkind zum Künstler: der 18-jährige Freiburger Geiger Elias Moncado

Seit dem vierten Lebensjahr spielt Elias Moncado, der in Salzburg studiert, Geige. Beim Philharmonischen Orchester Freiburg ist er nun Solist im Violinkonzert Nr. 1 von Schostakowitsch.

Dmitri Schostakowitschs erstes Violinkonzert ist unter denkbar schlechten Rahmenbedingungen entstanden. Mit der Zeit der Fertigstellung ging das üble Verdikt von „Formalismus und Volksfremdheit“ 1948 einher, das Schostakowitsch und viele seiner Kollegen unter Generalverdacht stellte. Der Musik, die erst lange nach dem Tode Stalins, 1953, uraufgeführt wurde, hört man die Trauer und Verzweiflung an; und natürlich schwingt auch der Eindruck der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs in ihr mit – ein Grauen in Klängen. Elias Moncado hat dazu eine ganz eigenwillige Vorstellung: „Ich stelle mir vor“, sagt er, „ich sitze in einem Hubschrauber und fliege über eine hoffnungslose Landschaft“.

Elias Moncado wird dieses Konzert am 22. Januar zusammen mit dem Philharmonischen Orchester Freiburg unter Fabrice Bollon interpretieren. Als Solist. Der junge Mann, der erst vor kurzem 18 geworden ist, zählt zum hoffnungsvollen Geigernachwuchs unserer Tage – eine internationale Karriere erscheint mit Blick auf sein Können, seine Reputation und seine künstlerische Expertise bereits jetzt vorstellbar. Elias Moncado würde das so auf keinen Fall formulieren. Zu seinen erkennbaren Tugenden jenseits des Geigenspiels gehört eine große Bescheidenheit. Natürlich, sagt er, würde er gerne die solistische Laufbahn einschlagen. „Aber ich lasse das noch offen.“ Nahziel ist erst einmal der Bachelor: Moncado studiert in Salzburg bei Pierre Amoyal – und betrachtet das als Glücksfall. Für ihn ist ein tiefgreifendes Verstehen mit dem Lehrer unabdinglich.

Das mag aus dem Munde eines 18-Jährigen altklug klingen. Doch Elias Moncado spielt seit seinem vierten Lebensjahr Violine. „Ich sehe die Geige gar nicht mehr als Gegenstand an. Sie ist ein Teil von mir geworden.“ Die Vokabel „Wunderkind“ fiel nicht selten, wenn auf ihn in jungen Jahren die Rede kam, schon allein angesichts der Preise, die er in jüngsten Jahren einheimste (Jugend musiziert, Paul-Hindemith-Wettbewerb, Europäische Kulturstiftung). Wie er diesem Etikett heute gegenübersteht? „Ich habe nichts gegen den Begriff“, sagt er. „Aber er muss gepaart sein mit Willensstärke. Ein Grundtalent muss vorhanden sein, aber es liegt an einem selbst, dass man sich weiterentwickelt.“

Natürlich muss das Umfeld stimmen, wenn man solches von sich behaupten kann. Moncado stammt aus einer multinationalen Musikerfamilie mit deutschen, spanischen und chinesischen Wurzeln. Geboren in Aachen, verbrachte er seine Jugend in Freiburg, wo sein Vater Bernhard Moncado Chordirektor am Theater war. Und auch wenn sich dessen beruflicher Weg als stellvertretender Chordirektor an der Württembergischen Staatsoper nach Stuttgart verlagert hat – Lebensmittelpunkt war Freiburg geblieben, wo Elias auch zuletzt seinen Schulabschluss absolvierte. „Es war mir wichtig, ein gutes Abitur zu machen“, sagt er. „Damit mir auch andere berufliche Wege offenstehen.“ Das ist nicht nur so dahingesagt, auch nicht von einem der mit zehn Jahren schon seine erste CD eingespielt hatte – mit Pablo des Sarasates „Zigeunerweisen“. Elias Moncado zeigt sich bei aller Liebe zur Musik ganz pragmatisch in Lebensfragen. Es könnten ja auch Ereignisse eintreten, die eine Geigerkarriere zunichtemachten.

Geigespielen ist wie Fliegen

Daran will man nicht denken. Im Internet kann man sich auf Youtube Liveaufnahmen mit Moncado zu Gemüte führen. Zum Beispiel Eugène Ysaÿes dritte Solosonate „Ballade“. Moncados technischer und künstlerischer Reifegrad hier sind enorm, vor allem beeindruckt die Beseeltheit seines Spiels – Moncado spielt nicht nur: Er fühlt Musik. Und gleich fällt einem dazu ein, was er über eines der wichtigsten künstlerischen Ausdrucksmittel des Violinspiels sagt: „Vibrato ist etwas sehr Persönliches, es muss mit der Seele verbunden sein.“ Seine Interpretation des ersten Satzes aus der ersten Solosonate von Johann Sebastian Bach macht das gleich im Adagio spürbar. Vibrato – also jene komplexe Kunst, einen Ton durch Bewegen des Fingers in Schwingung zu versetzen, ist für Moncado kein Tabu. Stichwort historisch informierte Aufführungspraxis – Moncado nimmt deren Erkenntnisse sehr ernst: „Man muss das wahrnehmen, was der Komponist möchte.“ Aber: „Es gibt die Interpretationsfreiheit des Künstlers.“ Zum Beispiel der erste Satz aus Bachs E-Dur-Solopartita: Man könne sich deren Kopfsatz auch räumlich vorstellen, auch mit Tempokontrasten, Rubati. Seine eigene Ästhetik zu entwickeln – es ist ihm ein zentrales Anliegen.

Elias Moncado hatte Glück mit seinen Lehrern – das Glück des Tüchtigen. Seit seinem sechsten Lebensjahr hatte er Unterricht bei Latica Honda-Rosenberg, die zunächst an der Musikhochschule Freiburg lehrte und heute an der Berliner Universität der Künste in Berlin eine Professur bekleidet. Zehn Jahre, die ihn prägten. Dann kam er über einen anderen bedeutenden Violinpädagogen mit der großen russischen Geigerschule in Berührung: Zakhar Bron. Eine wertvolle Zeit, wie er resümiert, weil er neben der technischen Versiertheit mit vielen Interpretationsansätzen konfrontiert wurde.

Geigen sind erkennbar Elias Moncados Leben. Er durfte schon eine Zeitlang Meisterviolinen von Guarneri und Stradivari spielen („Solche Instrumente sind Persönlichkeiten“). Zur Zeit spielt er ein zeitgenössisches Instrument aus der Werkstatt des renommierten deutschen Geigenbauers Stefan-Peter Greiner: „Mit einer Bandbreite von aussagekräftig bis delikat.“ Er freut sich besonders, Schostakowitschs Violinkonzert darauf spielen zu dürfen. Ist bei all dem noch Zeit für ein Leben jenseits der Geige? Unbedingt. Abgesehen vom Ausgleichssport wie Schwimmen und Badminton gehört seine Leidenschaft der Luft- und Raumfahrttechnik. Flugzeuge hätten ihn schon von klein auf fasziniert – noch heute bastelt er an Modellen. Ein Hobby, das auch den Weg zu einem anderen Beruf weisen könnte. Konjunktiv. Die Violine hat Vorfahrt. Denn: „Geigespielen ist wie Fliegen.“ Elias Moncado lächelt dabei so überzeugend, dass man am liebsten mitfliegen würde.

Badische Zeitung – PDF

Badische Zeitung | Alexander Dick