Elias David
Moncado

Vier Saiten, vier Bögen, ein Atem

Vier Saiten, vier Bögen, ein Atem

Das Quartetto Paganino in Bad Krozingen.

Einfach mal kurz die Augen schließen, nur den Klängen lauschen: Wer käme ohne entsprechendes Vorwissen auf die Idee, dass die Vier, die sie erzeugen zusammen deutlich unter 80 Jahre zählen? Wohl niemand. Denn das Quartetto Paganino, das da im randvollen Foyer des Bad Krozinger Herzzentrums eine Matinee gibt, agiert mit einer künstlerischen Reife und Leidenschaft, die manchem etablierteren Ensemble gut anstünde.

Streichquartett gemeinsam spielen sie seit knapp drei Jahren: Elias David Moncado und Estelle Weber (Violine), Felicitas Frücht (Viola) und Samuel Weilacher (Cello); gecoacht von Christoph Wyneken, dem erfahrenen Geiger und Dirigenten. Auch das glaubt man kaum, wenn man die vier jungen Musici mit Haydns g-Moll-Quartett op. 74/3 erlebt. Dass sie motivierter spielen als manche ältere Profis – dem jugendlichen Enthusiasmus sei Dank. Aber es ist deutlich mehr. Vier mal vier Saiten, vier Bögen, ein Atem: Das ist eine Formel, auf die man sich beim mit hinreißender Interaktion agierenden Quartetto Paganino einigen kann. Zum Beispiel im Largo jenes Haydn’schen « Reiterquartetts », in dem das unirhythmische Klangfarbengeflecht in maximaler Dichte verwoben ist. Oder dort im von Synkopen durchsetzten, galoppierenden Finale. Haydns empfindliche, filigrane musikalische Textur wird hier maximal erfasst.

Das spielerische Zusammenwirken der vier jungen Baden-Württemberger lässt auch abgebrühte Kammermusikfreunde nicht unberührt. Antonín Dvoráks « amerikanisches » F-Dur-Quartett op. 96 mit seinen Naturklängen geht besonders nahe. Nicht zuletzt, weil Primarius Elias Moncado einen bestechend schönen, berührenden Violinton pflegt, der selbst in den virtuosesten Passagen unangestrengt und souverän wirkt. Von intimer Schönheit das Lento, mit herrlich unbefangenem Naturlaut das Molto vivace mit seinen Vogelstimmen- Anklängen. Das Beste aber in diesem Konzert: Hier spielen vier hochtalentierte Musici mit- und füreinander. Die gemeinsamen Tremoli im ersten Satz von Mendelssohns f-Moll-Quartett op. 80 – sie erschüttern wie ein Erdbeben. Mendelssohns « Requiem » für Schwester Fanny erfährt in dieser Interpretation höchste Plastizität. Das Accelerando am Ende des ersten Satzes – es transportiert Furor, Schmerz und Verzweiflung gleichermaßen. Und es zeigt: Echte Künstlerschaft ist keine Frage des Alters. Bravissimo.

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Badische Zeitung | Alexander Dick